Dem mit Betriebsprozessen in der Informationstechnologie nicht vertrauten Leser sei vorweg gesagt, dass „OLAs“ keineswegs Tanzfiguren aus dem Südwesten Europas sind, sondern vielmehr der Name für eine mehr oder weniger sinnvolle Formalität: OLA steht für „Operational Level Agreement“, ist Bestandteil von Best Practices für IT-Prozesse (ITIL) und bezeichnet ein Vertragsverhältnis zwischen dem IT-Betrieb und seinen internen oder externen Lieferanten. In diesem Vertragsverhältnis wird nicht nur geregelt, dass eine Leistung für den IT-Betrieb erbracht wird, sondern auch in welcher Qualität.
Soweit die Theorie. Mittlerweile greift vor allem in IT-lastigen Organisationen die „ITILisierung“ mächtig um sich: Die – für die IT durchaus sinnvollen – Konstrukte von ITIL werden auch unternehmensintern auf die Gesamtorganisation angewendet.
So auch die OLAs. Wo früher Gentleman’s Agreements zwischen Führungskräften die Leistungsbeziehungen zwischen Abteilungen regelten, steht heute die oder der OLA (ich bevorzuge die weibliche Form, sie wirkt weniger hart). Diese OLAs werden teilweise dazu genutzt, die Leistungsbeziehung zwischen z.B. der Personalabteilung und dem Controlling bis ins letzte Detail und mit wissenschaftlicher Präzision verbindlich zu regeln („Wir schicken Euch bis zum 3. des Monats eine Liste aller Mitarbeiter, die in unserer Payroll sind. Im Excel-Format. Und in der dritten Spalte steht die Höhe des Nettogehalts“).
Von der Einigung bis zum Alltag
Je nach Unternehmen geht dem Abschluss in manchen Fällen ein monatelanges zähes Ringen und Verhandeln voraus („Ich brauche das aber zwei Tage früher für meinen Monatsabschluss“. – „Nein, das geht nicht, wir haben die Zahlen aus dem SAP erst am 2. Werktag und brauchen noch Zeit zum Prüfen…“). Nach Abschluss der Verhandlungen folgt in manchen Fällen ein Unterzeichnungsritual, das der Unterzeichnung der Charta der Vereinten Nationen in nichts nachsteht.
Dann folgt der Alltag. Die eine Abteilung versucht – natürlich – nach bestem Wissen und Gewissen die Leistung vertragsgemäß zu erbringen. Die andere Abteilung (Empfänger der Leistung) stellt – natürlich – gelegentlich fest, dass die Leistung nicht OLA-konform erbracht wurde. Es folgt – natürlich – die Eskalation zum nächsten gemeinsamen Vorgesetzten.
In solchen Fällen stelle ich mir die Frage: Wäre die Eskalation nicht auch erfolgt, wenn man weniger formell vorgegangen wäre? Z.B. in einem gemeinsamen Termin mit dem Chef die Dinge ausgehandelt, protokolliert und das war’s? Vielleicht auch ohne genau zu definieren, in welcher Spalte des Excel-Dokuments was stehen muss? Denn das Bemühen aller Beteiligten kann man wohl voraussetzen. Die wenigsten Abteilungsleiter sind wirklich destruktiv, so dass man in freundlicher Zusammenarbeit definieren kann, was der eine Kollege vom anderen erwartet. Die Betonung liegt hier auf „freundliche Zusammenarbeit“.
Monatelang mit viel Aufwand und Emotionen über eine formvollendete OLA zu verhandeln, erscheint mir zumindest nicht in allen Fällen sinnvoll. Das ist Gift für eine gute Zusammenarbeit, so wichtig Verbindlichkeit auch ist. Einfach, pragmatisch und kollegial – so sollte Zusammenarbeit sein. Das ist manchmal tatsächlich besser und auch verbindlicher.