Theresa May hat es nicht leicht; die britische Premierministerin ist angetreten, den Brexit organisatorisch und inhaltlich im Interesse ihres Landes umzusetzen. Hierfür musste sie mit diversen Projektpartnern umgehen. Dazu gehören interne Stakeholder wie die Bürger Großbritanniens genauso wie das mit der Umsetzung beauftragte Projektteam, ihr Kabinett. Natürlich gibt es auf der anderen Seite den Verhandlungspartner in Form der Vertreter der Europäischen Union. Abschließend gibt es noch Dritte, etwa andere Nationen und Wirtschaftsakteure. Die Verhandlungen zu führen, gestaltet sich anstrengend – und das bei einem erlaubten von Zeitraum von zwei Jahren seit offiziellem Antrag am 29. März 2017 (eine gute Erklärung über die Meilensteine und Rahmenbedingungen findet sich hier). Was allerdings gerade vollkommen unter die Räder gerät, ist das Zeitmanagement.
Projekt-Timing: Aufgeschoben gleich aufgehoben?
Der Mensch neigt dazu, unangenehme Themen gerne auf die lange Bank zu schieben. Mit dem Rauchen aufzuhören gehört hierbei genauso dazu, wie unliebsame Aufgaben anzufangen oder Projekte bei dem gefährlichen Status von 80 Prozent auch konsequent abzuschließen.
Im Falle der Verhandlungen über den Brexit gab es auch ein eher lausiges Zeitmanagement: Ganz zu Beginn gab wenig Klarheit in Bezug auf Ziele, Meilensteine und Verantwortlichkeiten. Im Laufe des Prozesses haben beides Teams noch Verhandlungsführer und inhaltlich involvierte Mitstreiter verloren. Gleichzeitig wurde insbesondere das britische Parlament nicht eindeutig nach seinen Präferenzen gefragt. Möglicherweise wäre bereits hier aufgefallen, dass es diese Präferenzen nicht gibt. Darüber hinaus wäre auch Klarheit darüber entstanden, dass in der operativen Umsetzung der vertraglichen Unterlagen einiges an Arbeit steckt. Es fehlt zeitlicher Puffer, um Nachverhandlungen und Nachbesserungen vorzunehmen.
Zu sehen ist bei einem Projekt dieser weltpolitischen Relevanz außerdem: Die für Theresa May unangenehme Abstimmung hat ihr die Verhandlungen am Ende mit der EU sicherlich erleichtert. Die notwendige, ebenfalls unangenehme Auseinandersetzung muss sie trotzdem führen. Sie will auf Basis der Abstimmungen im Unterhaus keinen so genannten harten Brexit riskieren, der katastrophale Folgen für die britischen Bürgerinnen und Bürger haben kann.
Zeitmanagement in der Praxis: Warum Abstimmungsprozesse von Anfang an realistisch sein müssen
Zugegebenermaßen: Zum Glück haben die wenigsten Projekt-Timings eine so drastische Auswirkung wie ein Scheitern der Brexit-Verhandlungen. Aber auch in alltäglichen (IT-)Projekten werden Timings nicht ordentlich gesetzt. Häufig sind Fristen so angelegt, dass sie in das zeitliche Konzept des Auftraggebers oder des vorher verhandelten Budgets passen.
Dass das keine guten Folgen haben kann, ist klar. Schwierigkeiten, etwa komplexe Einkaufsprozesse, Abstimmungen mit der Entwicklerseite oder Anforderungen der Client-Seite, müssen berücksichtigt werden. Passiert das (in der Regel wider besseren Wissens) nicht, sind nicht lösbare Konflikte bis zum Projektabschluss vorprogrammiert.
Nicht abgefragte Anforderungen werden sicher zu nicht erfüllten Anforderungen. Die Akzeptanz eines Projekts nach innen kann daran scheitern. Ausgesparte Prozesse sind ganz am Ende aus Compliance-Gründen häufig doch nicht zu umgehen. Das komplette Projekt aus diesem Grund scheitern, zum Beispiel durch nicht rechtzeitig gelieferte Hardware. Fehlendes Wissen über interne Prozesse kann dazu führen, dass Ansätze schlicht nicht umsetzbar sind. Aus schlechtem Zeitmanagement entsteht so schlechtes Projektmanagement. Projektbudget und Projektumfang können ebenfalls nicht eingehalten werden.
Aufschieberitis rettet das Timing nicht
Der Brexit beweist auch: Herausforderungen immer wieder auf die lange Bank zu schieben, bringt nichts! Sooft Theresa May auch über den Vertrag abstimmen lässt – ihre internen Stakeholder ändern ihre Meinung nicht. Auch die Rahmenbedingungen machen nun die Zeit knapp. Ein Gesetz von 1604 verbietet, zu oft über denselben Entwurf abstimmen zu lassen. Die Europawahlen im Mai kann Großbritannien ebenfalls nicht mehr realisieren. Die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit steigt dadurch von Tag zu Tag.
Wir von NOVEDAS können zwar nicht den Brexit verhindern. Die Themen Requirements Management, Zeitmanagement, (IT-)Projektsteuerung und Projektmanagement von klassischen und agilen Projekten im Allgemeinen setzen wir allerdings schon seit Jahren um. Die Einhaltung von Projektrahmen in den Bereichen Zeit, Umfang und Budget können wir sogar für den Weihnachtsmann nachvollziehen. Und wir schaffen das, weil wir durchaus bereit sind, auch unangenehme Themen vor und während eines laufenden Projekts rechtzeitig anzusprechen.